Tagungsbericht
"MehrWert für Mensch und Stadt - Flächenrecycling in Stadtumbauregionen"
Der Workshop "MehrWert für Mensch und Stadt - Flächenrecycling in Stadtumbauregionen", welcher am 20. und 21. September an der TU Bergakademie Freiberg stattfand, bildete den Auftakt einer Reihe von Veranstaltungen zur Weiterentwicklung der nationalen Nachhaltigkeitsstrategie.
Das Kompetenzzentrum für Interdisziplinäres Flächenrecycling (CiF e. V.) an der TU Bergakademie Freiberg organisierte den Workshop in Kooperation mit der Universitätsstadt Freiberg, der SAXONIA Standortentwicklungs- und -verwaltungsgesellschaft mbH und der reconsite TTI-GmbH, Stuttgart im Auftrag der Bundesministerien für Verkehr, Bau und Wohnungswesen, für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit sowie für Bildung und Forschung, des Umweltbundesamtes, des Projekträgers Jülich und federführend des Bundesamtes für Bauwesen und Raumordnung mit Herrn Dr. Dosch.
Ca. 170 Teilnehmer mit Vertretern aus Kommunen, Projektentwicklern, Immobiliengesellschaften, Wirtschaftsförderern, Consultants, Behörden- und Wissenschaftsvertretern aus ganz Deutschland kamen zu dieser Veranstaltung um über Instrumente, Leitfäden und Entscheidungshilfen zum Flächenrecycling für Verantwortliche in Verwaltung und Praxis zu diskutieren.
Den Auftakt des Workshops bildete der Block "Flächenrecycling ist nachhaltig - Das Engagement des Bundes".
Nach den Grußworten durch den Prorektor für Forschung der TU Bergakademie Freiberg, Prof. Drebenstedt zeigten die Oberbürgermeisterin der Universitätsstadt Freiberg, Frau Dr. Rensch und der Landrat des Landkreises Freiberg Herr Uhlig die jeweiligen Aktivitäten, welche im Rahmen des Stadtumbaus im Kreis Freiberg umgesetzt werden, beispielhaft und vermittelten ihre Freude über den gewählten Tagungsort der zum Thema passt.
Im Anschluss daran wurden die Aktivitäten des Bundes, im Rahmen der nationalen Nachhaltigkeitsstrategie zur Senkung des Siedlungs- und Verkehresflächenverbrauchs von derzeit 93 ha/d auf 30 ha/d im Jahre 2020, dargestellt.
Prof. Klapperich begrüßte im Namen der Organisatoren und gab eine Einbettung respektive Erläuterung zur Struktur der Tagungs- und Plenarvorträge und den anschließenden Workshops.
Der 2. Block beschäftigte sich mit Ansätzen aus Sicht der Länder und Kommunen. Exemplarisch wurden der Umgang mit dem "Gut" Fläche in den Bundesländern Baden-Württemberg im Rahmen des "Aktionsbündnisses Fläche gewinnen", in Sachsen als Strategien zum ganzheitlichen Ansatz beim Flächenrecycling mit dem Ziel der Stärkung von ganzen Quartieren und Stadtgebieten, in Thüringen mit dem "intelligenten Flächenmanagement", und in Dresden mit dem kommunalen Flächenmanagement dargestellt.
Vortragende waren in diesem Block MR Gloger (Umweltministerium BW), StS. Dr. Buttolo (SMI Dresden), StS Prof. Juckenack (TMUL Erfurt) und Dr. Emmrich (Stadt Dresden).
Alle Vortragenden zeigten aber neben "Paradebeispielen" auch die Problemfelder auf.
Im anschließenden Block "Starthilfe oder Bremse? - Leitfäden für die Praxis" wurden die verschiedensten Instrumente und Untersuchungen beim Umgang mit Flächenrecycling der letzten Jahre vorgestellt.
Dieser Teil begann mit der Vorstellung des durch die deutsch-amerikanischen Kooperation entwickelten "Start-up-Plans", welcher als Arbeitshilfe und Kommunikationsgrundlage für alle Beteiligte an Brachflächenrevitalisierungsprojekten dient.
Das strategische Flächenmanagement der Stadt Leipzig, welches gute Erfahrungen mit einem integrierten Flächenmonitoring und der nachfrageorientierten Vermarktung gemacht hat, wurde anschließend vorgestellt.
Dass das Finden der richtigen Instrumente bzw. der richtigen Herangehensweise oft schwierig ist, machte der Vortrag "im Dschungel der Empfehlungen deutlich".
Kompetente Hilfe bietet hierbei die Web-Site www.flaecheninfo.de.
Ebenfalls Hilfestellung bei der richtigen Herangehensweise an Flächenrecyclingprojekten verspricht das europäische best practice Handbuch RESCUE.
Das an Hand von Fallbeispielen und Indikatoren eine Vermarktung der brachliegenden Flächen fördern soll.
In diese Richtung zielt ebenso der von CiF e. V. für das Umweltbundesamt entwickelte Flächenpass, der als Vermarktungsinstrument dient.
Dieser Vortragsblock legte die Basis für den Block 4 mit dem Titel "Ressource Fläche zwischen Aufbau und Rückbau - Neue Wege zum Flächenrecycling".
Den Auftakt bildet die Vorstellung der bereits 1997 publizierten "Boden-Wert-Billanz" durch Prof. Dötsch, die einen Bewertungsansatz zum finanziellen Vergleich von Natur- und Brachefläche unter ökologischen und planerischen Gesichtpunkten bildet.
Im Anschluss daran stand die Entwicklungsalternative Renaturierung im Mittelpunkt der Diskussion.
Wann ist Renaturieren aus Sicht ökonomischer Effizienz die sinnvollste aller Folgenutzungen für eine Fläche?
Good parctice Fallbeispiele untermauerten die Aussagen dieses Vortrages.
Der erste Tagungstag wurde dann mit Beispielen für Zwischennutzung und Renaturierung sowie für eine integrierte Standortnutzung eines ehemaligen Zechengeländes abgerundet.
Nach einem doch sehr anspruchvollen Tagungstag, ging es dann zur kleinen "Sightseeing"-Exkursion zu den Lehr- und Forschungsbergwerken der TU Bergakademie Freiberg "Reiche Zeche" und "Alte Elisabeth".
Hier konnten die Teilnehmer neben der Aussicht über Freiberg in der Abenddämmerung auch noch einen kleinen Einblick in die weltgrößte Mineraliensammlung erlangen und interessante Details über den vormals täglichen Arbeitsablauf der Freiberger Bergleute erfahren.
Der daran anschließende Stadtrundgang wurde durch einen Empfang in der Tagungshalle St. Nicolai, wo Mitglieder der Freiberger Bergparade zum Bergbier deftige Freiberger Bergmannskost servierten, beendet.
Der zweite Tagungstag begann mit dem Block "Demographie und Innenentwicklung", in dem die typischen Probleme der Städte und Gemeinden beim Umgang mit Brachen jeglicher Art aufgezeigt wurden.
BauDir. Dr. Brenner stellte mögliche Gegenmaßnahmen gegen zunehmenden Flächenverbrauch und das Brachfallen innerstädtischer Grundstücke dar, in dem er die Maßnahmen der Städtebauförderung zur Begrenzung der Flächeninanspruchnahme erläuterte.
Vom Leitbild der kompakten Stadt bis hin zu integrierten städtebaulichen Entwicklungskonzepten, zeigte er Möglichkeiten auf, dem städtischen Bracheproblem entgegen zu wirken.
Abgerundet wurde dieser Block durch die Vorstellung künftiger Forschungsprojekte, die die Auswirkungen des demographischen Wandels fokussieren.
Im Anschluss an die Blöcke der Fachvorträge fanden 4 Workshops statt:
Der Praxisworkshop 1 "Beschleunigungsansätze für das Flächenrecycling" beschäftigte sich mit dem Thema Wiedernutzung von Brachflächen unter dem Gesichtspunkt der Altlastensanierung und zum anderen mit den Verzögerungen aufgrund aller beachtenden Maßnahmen und einzuhaltenden Richtlinien bis hin zur meist unsicheren Finanzierung.
Der Praxisworkshop 2 "Alte und neue Finanzierungsmodelle beim Flächenrecycling" befasste sich mit bereits bekannten und erforschten Finanzierungsmodellen auf nationaler und europäischer Ebene.
Dargelegt wurde die vorteilhafte Situation den Brachen in Ostdeutschland augrund der so genannten Altlastenfreistellung haben.
Von einer Chancengleichheit mit der grünen Wiese kann jedoch trotzdem nicht die Rede sein.
Die Sanierung von Brachflächen kann aber nicht mehr nur Aufgabe der öffentlichen Hand sein.
Anreize für Investoren zur Entwicklung von Brachen zu schaffen, bleibt auch für die Zukunft ein wertvoller Ansatz.
Neben den beiden Praxisworkshops gab es auch 2 Akteursworkshops, wobei sich der erste mit "Strategieansätze zum Flächenrecycling aus Sicht der Verwaltung" beschäftigte.
An Hand der Stadt Görlitz und der Stadt Chemnitz wurden die jeweiligen Herangehensweisen und Ziel bei der Revitalisierung von Brachflächen erläutert und diskutiert.
Der Akteursworkshop 2 "Strategieansätze zum Flächenrecycling aus Sicht der Immobilien und Grundstückswirtschaft" setzte sich mit den Aktivitäten von Investoren und Geldgebern bei Brachenprojekten auseinander.
Diskutiert wurde dabei unter anderem, dass der Abriss von Wohngebäuden sich meist nur auf den oberirdischen Teil beschränkt, wodurch eine Vermarktung nicht unbedingt vereinfacht wird.
Die Immobilienwirtschaft zielt aber eher auf Bestandsimmobilien mit hohen Renditen und Wertentwicklungspotentialen ab.
Ein Vermarktungsnachteil wurde dabei aber deutlich, dass die Preisvorstellungen von Verkäufern belasteter Grundstücke oft überhöht sind.
Die Ergebnisse der einzelnen Workshops wurden im Anschluss im Plenum vorgestellt und diskutiert.
Die anschließende Diskussion führte dann direkt zur Podiumsdiskussion "Brauchen wir eine Bundesstrategie zur Wiedernutzung gebrauchter Flächen".
Das Podium setzte sich aus Vertretern von Politik, Verbänden, Wirtschaft, Behörden und Wissenschaft zusammen.
Es wurde dabei ersichtlich, dass sehr oft noch psychologische Barrieren beim Umgang mit Brachen vorhanden sind.
Es muss weiter ein Umdenken vom "reinen Flächenrecycling" hin zum Flächenmanagement stattfinden, um so nicht einzelne Flächen ohne Bezug zum Umland und zur Region zu revitalisieren.
Eine weitre Forderung ist, Anreize zur Wiedernutzung von Flächen zu schaffen.
Ein wichtiges Thema stellt die Schaffung von Rechtsicherheit dar, welches bereits mit der unterschiedlichen Definition des Begriffes "Brache" beginnt.
Ein Ergebnis des Workshops ist, dass obwohl es bereits eine Vielzahl von wirksamen Techniken und hervorragenden Umsetzungsbeispielen gibt, der Bund dennoch einen einheitlichen Rahmen beim Umgang mit Brachen vorgeben sollte.
Den Abschluss des Workshops bildetet die Fachexkursion zum SAXONIA Areal und zum Standort Muldenhütten, beide in Freiberg.
An diesen Flächen konnte zum einen ein best practice Beispiel bei der Revitalisierung von Industriebrachen gezeigt werden, aber auch die nicht unbedingt kontroversen Ziele von Denkmalschutz und moderner industrieller Nachnutzung aufgezeigt werden.
Die positive Resonanz auf Seiten der Veranstalter und Teilnehmer unterstrich den gelungenen Auftakt zu der bundesweit geplanten Veranstaltungsreihe mit weiteren Folge-Workshops.
Der Tagungsband kann beim BBR (gisela.beckmann@bbr.bund.de) bestellt werden.